Vom Feinsten

Victor Horta wordt geboren in Gent op 6 januari 1861. […] Op veertienjarige leeftijd gaat de jongeman, die zich niet thuis voelt in het klassieke onderwijs, studeren aan de Academie voor Schone Kunsten.

Aus: Horta. De belangrijkste Huizen in Brussel. Von François Aubry.
Victor Horta.

Alles neu macht der Mai. Und alles ganz anders auch wollte die Epoche des Jugendstil um 1900.

Den vorangegangen Historismus und alles damit Verbundene, da darin munter Eingebundene – also wirklich alles in (Bau)Kunst je Dagewesene – sollte mit dem Jugendstil, dem Art Nouveau, Geschichte sein. Und sich von der im 19. Jahrhundert neu dazugekommenen Massenproduktion, sollte ebenfalls ganz entschieden abgerückt werden. Handwerk, wie es Arts & Crafts aus England kommend propagierte, war auch hier der Weg. Arts & Crafts tatsächlich eine Inspiration:

Fließende Linien, eine Naturnähe, florale, aber auch geometrische Motivik. Dazu, neue Materialien mit denen gearbeitet wurde.

Der Jugendstil blühte in Design, Einrichtungsgegenständen, Druckgrafiken (Alphonse Mucha), Malerei (Gustav Klimt) und Architektur auf.

Und während Deutschland und auch Moskau diesen Stil eher geometrisch geprägt in Realität umzusetzen – sich auszudrücken – wussten, war in Frankreich und auch Belgien, mit Brüssel, eine verspielte, blumige und wesentlich buntere Interpretation davon vorherrschend.

Halle vor dem Vorlesungssaal 1010 im KG I der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg: Deutscher Jugendstil.
Meister der Jugendstil-Architektur in Moskau: Fjodor Schechtel.
Restaurant Julien. Paris.
Galerie Lafayette. Paris.

Und nun zu Victor Horta und seinem Hôtel Tassel; erbaut 1893-95.

Horta hat in Belgien studiert, ging dann nach Paris um dort im Bereich Dekorationskunst zu arbeiten, kam zurück nach Belgien, Brüssel, und baute für seinen Freund Emile Tassel ein Stadthaus, welches nachweislich das erste Gebäude darstellt, das ganz im Jugendstil errichtet ist. Außen wie innen.

Von Belgien aus also hat sich die Jugendstil-Bewegung in der Architektur dann über ganz Europa gezogen. Und sein Tassel ist ein Meisterwerk der Schönheit und Ästhetik, das seinesgleichen sucht.

Mitte! Hôtel Tassel

Ist die Steinfassade auch noch recht klassisch gehalten, damit sie sich gelungen in das Straßenbild in Ixelles/Elsene und an die Nachbarhäuser schmiegt, sind es schon die Fenster, die uns aufmerken lassen: Sehr bis extrem schmal für die gebotene Fensterhöhe.

Eine sanfte Auswölbung, die von Säulen geschmückt und betont wird, deren Basis so gar nichts mehr mit den antik-inspirierten zu tun hat. Wie Wurzeln, Blüten, Blumenzwiebeln, mutet hier stattdessen an, was sich über die eigentliche Basis nach unten hinaus wie wuchernd erstreckt.

Blaustichiges Glas, das von rankenähnlichem Muster durchzogen ist,

und von innen eine faszinierend schöne getönt-gemusterte Glas-Un-Durchsicht mit Art-Nouveau-Flair bietet.

Und innen wird es nun bunt!

Horta hat sich mit diesem Gebäude auch als Meister der Innenarchitektur einen großen Namen gemacht: So vielseitig nämlich auch Materialien und Farben kombiniert sind, so sehr ist alles stimmig, luxuriös gelungen und in perfekte Harmonie gesetzt.

Das Treppenhaus stellte einen elementaren Bestandteil der Architektur dar.

Immens viel natürliches Licht in die Innenräume zu zaubern gelang Victor Horta, indem er die Kombination aus (stützendem) Eisen und großen Flächen an Glas wählte. Inspirieren ließ er sich bezüglich dieser gelungenen lichtdurchfluteten Komposition von den königlichen Gewächshäusern im belgischen Laken.

Der Wintergarten.

Blütenkelche als Lampenschirme.

Wachsende Lianen, Ranken, an Wänden, Raumteilern und am Paravent.

Detailliebe, vom geschwungen Eisen des Treppengeländers ..

bis zu den Türgriffen: „die einem“, mein Dozent an der Universität hat es so schön gesagt: „fast in die Hand zu wachsen scheinen.“

Blätter, Bäume, Natur. Und die stimmungsvoll gewählten Farben dazu im Salon.

Aufwendigstes Decken- und Bodenmosaik.

Und der Bauherr im 19. Jahrhundert war ein großer Liebhaber japanischer Kunst, was Horta ebenfalls gelungen ins Interieur einfließen lassen konnte.

Für Victor Horta begann mit diesem Bau und dieser zauberhaften Innenarchitektur eine große Karriere in der belgischen Baukunst-Geschichte. Er stand für den dortigen Jugendstil. Mit Beginn des 1. Weltkrieges fand jedoch der Jugendstil und damit seine Karriere ein jähes Ende; und auch nach dem Krieg konnte der große Architekt nicht mehr annähernd an seine einst immensen Erfolge anknüpfen.

Das Hôtel Tassel wurde nach dem Tod Emile Tassels im 20. Jahrhundert verkauft und von einem nachfolgenden Besitzer zu einem Apartmenthaus umgebaut. Ein großer Verehrer der Baukunst Victor Hortas kaufte das Haus dann im Jahr 1967 und brachte es in den 80er-Jahren – weitgehend und so gut wie möglich – in seinen ursprünglichen Zustand zurück.

Ich liebe Belgien sehr, seit ich 2009 für ein ganzes Jahr lang dort gelebt habe.

In Brüssel habe ich auf der NATO gearbeitet und in einer Schule im Zentrum vier Mal pro Woche – als einzige Weiße in meinem Kurs – Flämisch gelernt. In Zaventem habe ich gewohnt, in Sterrebeek erstmals mit Golfspielen begonnen, und in Eppegem bin ich in einem Reitstall geritten.

Brüssel mochte ich für seine Architektur und die Gärten besonders gern. Die belgische Schokolade ist für mich die Beste. Und in meinen Augen ist (war?) Gent noch schöner als Brügge.

Ich vermisse freudig die schöne Sprache, die Belgier, die besten „Frieten“ der Welt – mit und ohne „Mosselen“ – und Witloof met Hesp und belgisches Bier mit Kirsch- oder Aprikosensaft dazu. Schmunzeln kann ich über das gefühlt ewig lange Anstehen und Warten an den Supermarktkassen.

Ganz bald einmal muss ich wieder hin. Sehen, was sich verändert hat. Ihr auch!

Und für die Tage die ich das nächste Mal in Brüssel sein werde, werde ich das Hôtel Tassel besuchen. Und wünsche mir – und dir, und euch – dass es besichtigt werden kann. Dieser Jugendstil-Traum befindet sich nur anscheinend in Privatbesitz.

L I T E R A T U R & F O T O G R A F I E N (Ausnahme: Foto Empfangshalle Universitätsgebäude KG I Freiburg)

Aubrey, Françoise, Horta. De Belangrijkste Huizen in Brussel. Gent-Kortrijk, 2013.

Dernie, David, Victor Horta. The Architect of Art Nouveau. London, 2018.

Gombrich, Ernst H. Die Geschichte der Kunst. Stuttgart, 1982.

Hesse, Michael, Handbuch der neuzeitlichen Architektur. Darmstadt, 2012.

Johnston Roy, Parisian Architektur of the Belle Epoque. West Sussex, 2007.

Loyer, François und Delhaye Jean, Victor Horta. Hotel Tassel 1893—1895, Brüssel, 1988.

[online] Schechtel, Fjodor, Villa Rjabuschinskij https://bucks.repository.guildhe.ac.uk/id/eprint/9836/5/5%20Copy%20of%20Ph%20D%20Chapter%203%20Architectural%20Development%20Towns%20and%20cities%201910-23.pdf

Veröffentlicht von

PetissaPan

PetissaPan studiert interessiert & neugierig das Leben, und schafft nebenher, leidenschaftlich und fleissig Kreativität, Text & Mode. Sie geht mit offenen Augen & Sinnen durch die Welt, und saugt Inspirierendes & Bereicherndes auf. PetissaPan ist und kreiert leicht, weich, romantisch, verspielt und wunderbar verträumt. Is your world little to mainstream? PetissaPan created an own.

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